Die Landschaft des
Westmünsterlandes sah in früheren Zeiten noch ganz anders aus als heute.
Anstatt wie jetzt nur vereinzelt, überwiegten damals Heide und Moore in
unserer Gegend. Die Besiedlung war viel dünner und das Verkehrsnetz bestand
neben einigen wenigen "Königswegen" nur aus alten Pfaden, die
zwischen den vereinzelt liegenden Dörfern und den noch einsamer liegenden
Weilern und Höfen verliefen. In unserem Landstrich wurden in uralter Zeit
viele Gräberfelder und Grabhügel angelegt, die noch zu Zeiten unserer
Urgroßeltern recht deutlich zu erkennen gewesen sind. Diese unwirtliche
Landschaft, gepaart mit Wetterphänomenen und der damaligen Unkenntnis über
naturwissenschaftliche Dinge waren die Geburtsstätten vieler Sagen und
Märchen. Diese waren bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch weit und breit
bekannt und wurden oftmals von dorfbekannten Geschichtenerzählern an die
nächste Generationen weitergegeben. Leider hat sich mit der aufkommenden
Moderne diese Tradition sehr schnell verloren und wir verdanken es heute
einigen wenigen Menschen, die es damals für nötig hielten, diese uralten
Geschichten aufzuschreiben und so für uns Nachfahren zu sichern.
In Erle war der Bauer Hermann Kuhlmann aus der Westrich als ein solcher
Geschichtenerzähler bekannt. Ihm und dem Autor Aloys Küper, der diese Sagen
gesammelt, aufgeschrieben und 1962 in seinem Buch "Sagen, Märchen und
Schwenke auf dem Bram" veröffentlicht hat.
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X Der erste Münsterländer [5] aufgeschrieben von Aloys Küper Auf einer seiner vielen Erdenwanderungen nahm der liebe Gott Petrus mit, um ihm auch die stille und weite Ebene des Münsterlandes zu zeigen. Nachdem sie einen langen Weg zurückgelegt hatten, ohne einen Menschen zu sehen, bat Sankt Petrus den Herrn inständig, er möge doch diesem ungenutzten, weiten Tiefland Menschen geben, die es wohnlich und fruchtbringend gestalteten. Da wollte es der Zufall, dass gerade ein Eichenknubben am Wege ragte, standfest, breit und wetterhart. Unser Herrgott rührte ihn an, und huldvoll sprach er in seiner weltbekannten Güte: „Werde ein Mensch!" Nun zeigten sich Spuren lebendigen Geistes in dem knorrigen Stamm, der augenblicklich menschliche Gestalt annahm. Dieser Mann konnte seine Herkunft nicht verleugnen. Er hatte noch keinen Schritt getan, da reckte er die Arme, und einfach, plump und freiheraus fragte er: „Wer stößt mich da?"
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X Quaodlecht up de Kiepe [5] erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper Für Irrlicht hatten die Bewohner von Borken, Heiden und Erle das holländische Wort Quaodlecht, das ein Licht von böser Vorbedeutung bezeichnet; denn das holländische quadt heißt böse. Die östlichen Niederlande gaben diesem Sagenkreis einen Sinn, den er auch bei uns hatte. Im Kernmünsterland war der mundartliche Ausdruck für Irrlicht Dwaollecht. Er kommt von sik verdwaolen = sich verirren. Zu den besten Spukerzählern des Westmünsterlandes gehörte der Bauer Hermann Kuhlmann aus Erle. Vor dem letzten Weltkrieg war es ein Genuss, den straff und urwüchsig geformten Geschichten des achtzigjährigen, breitschultrigen Mannes mit dem roten, freundlichen Gesicht zu lauschen. Zeit seines Lebens kam er im ganzen Kirchspiel herum; denn er war nebenberuflich auch Zimmermann und Hausschlächter. Bei seinem guten Gedächtnis wurde er Träger und Mittler vieler Erzählungen, die er mit „Klack un Smack" vorbrachte. Er
erzählte, wie ein Quaodlecht, das schwer wegzukriegen ist,
wieder vertrieben werden kann. Einmal in jeder Woche trug
ein Mann aus Heiden in seiner Kiepe Butter und Eier nach
Dorsten auf den Markt. Wenn er dann heimkehrte, hatte er
Porzellan und anderen Kram aufgeladen. Den verkaufte er an den übrigen
Tagen rings in den Bauerschaften. Auf dem abendlichen Heimweg ging
er oft quer durch die Erler Heide. Sie war damals so
unwegsam und groß, dass manch einer dort schon bei Tag in
die Irre gegangen war. Der Kiepenkerl war aber in der
Wildnis seines Weges sicher. Einmal sah er in dem Schlicken-
und Wellbrok bei Bramert und Wallenkamp in Erle in der Ferne
ein Licht. Es hüpfte über seinen Weg. Dann flog es auf ihn
zu und setzte sich auf seine Kiepe. Je länger es dort
aufhockte, desto schwerer wurde seine Last. Der kalte
Angstschweiß rann dem Mann von der Stirn. Eine Flucht in
toller Hast war ihm nicht möglich. Seine Glieder schienen
gelähmt. Ein Hilfeschrei in der Einsamkeit der schweigenden
Heide konnte ihn nicht von dem im Nacken brennenden
Verfolger befreien. Doch schritt er langsam und tapfer
weiter. In der Not griff er zum Rosenkranz, flehend sprach
er die Gebete, blieb geduldig und nach einer Weile sagte er, lebhaft aufhorchend: „Bist du von Gott, dann bleib
sitzen, bist du vom Teufel, dann geh weg!" Flugs
war das Quaodlecht davon. |
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X Die Sage vom goldenen Kalb im Honnemannsberg [4] Von Joseph Kellner, Holsterhausen Beim Dorfe Erle liegt der Honnemannsberg. Darin soll vor vielen hundert Jahren ein goldenes Kalb vergraben sein. Gesehen hat das Kalb von den lebenden Menschen noch keiner, man weiß auch nicht genau, wo es zu finden ist. Aber dass es da sein muss und dass es aufrecht in der Erde steht, das weiß man, denn die Alten haben es immer erzählt. Längst hätte man auch schon danach gesucht, aber es heißt, wer mit dem Spaten dem Kalbe sich nähert, dem ermüden unerklärlich Arme und Beine, dem erblinden die Augen und kehrt sich das Eingeweide um, dem vergeht der Verstand und schließlich das Leben, un das goldene Kalb hat sich im doch nicht gezeigt. So soll allen viel Unglück geschehen sein, die den Honnemannsberg des Schatzes wegen abtragen wollen. Einmal hat, wie die Sage berichtet, auch ein junger Hoferbe, der dort in der Nachbarschaft wohnte, den Honnemannsberg angebrochen, um Wiesensümpfe mit dem Sand zu überwerfen, seine Ackerfläche durch neue Rodung zu vergrößern und - um vielleicht, man konnte es ja nicht wissen, das goldene Kalb zu finden. Als er nun mit seinen Knechten anfing, den Holzbestand abzuhauen, gewahrten sie ein Krähennest, das oben im höchsten Baume saß. Anderen Tags nahm der Bauer die Flinte mit und schoss unter das Nest und siehe - eine große Krähe stieß schreiend daraus hoch empor, viel dann plötzlich in der Luft wirbelnd und sich überschlagend herunter und schlug tot auf den Grund. Und wo der schwarze Vogel aufgeschlagen war, drang auf einmal ein furchtbares Kalbgebrüll laut wie Donnergetöse aus dem Innern des Berges hervor, und der Erdboden brach auf mit Grummeln und Grommeln, als wollte ein Ungeheuer hindurch und heraus aus dem Dunkel an das Tageslicht sich wühlen. Herr und Knecht flüchteten in heillosem Schrecken fort nach Hause und erzählten bleichen Gesichts, was ihnen geschehen war. Und als sie geendet hatten, waren sie tot. Sie hatten nicht daran gedacht, dass das goldene Kalb lebendig wird, aus der Erde kommt und Tod und Verderben bringt, wenn Blut über ihm auf dem Honnemannsberg vergossen wird.
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X Der Mann aus Erle in Wolfsgestalt [5] erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper An alte heidnische Auffassungen knüpfte die abergläubische Vorstellung an, dass mit Hilfe böser Geister Menschen sich in Tiere verwandeln könnten. Zu der Zeit, da dieser Aberglaube ausgestorben war, sprach sich noch in Erle die Geschichte von einem Bauern herum, der sich in einen Warwulf, d. h. Werwolf, umgestalten konnte. Sie diente der spaßhaften Unterhaltung. Der achtzigjährige Hermann Kuhlmann aus der Westrick in Erle erzählte bedächtig, aber doch dramatisch bewegt von dem Bauern in Erle, der „warwulfen", d. h. die Gestalt eines Werwolfes annehmen konnte. Seine Zuhörer hatten dann Gelegenheit, das Gruseln zu lernen.
Einmal
spannte ein Bauer das Pferd an den Wagen, um Frau und Kind
zu Verwandten zu fahren. Er lenkte das Pferd, während die
Frau das Kind auf dem Schoß trug. Sorgfältig hatte sie
das Kind in eine weiße und in eine rote Decke
eingehüllt. Sie kamen auf einem tief ausgefahrenen Wege
in einen Wald. Hier ging es über Stock und Stein. Der
Mann hielt an, flüsterte seiner Begleiterin etwas zu,
stieg vom Wagen und ging in den Wald. Urplötzlich sprang
aus dem Erlenbusch ein Wolf heran. Vor Schrecken ergriff
die Frau mit der einen Hand die Leine, die ihr Mann um den
Rungenschemel gebunden hatte, mit der anderen hielt sie
das Kind. Der Wolf wollte nicht weichen und rollte die
Augen. In dem fahlen Schein der blakenden Sturmlaterne,
die unter dem Wagen hing, blies heiß der Atem des Tieres
aus dem aufgesperrten Maul. Mit seinen Zähnen riss der
Wolf ein Stück aus der roten Decke, in die das Kind
gehüllt war. Da griff das Kind voller Angst in seinem
Schutzbedürfnis nach dem Mantel der Mutter. In die Höhe
springend streckte der Wolf verlangend die Pfoten nach dem
Kinde aus. Als Mutter und Kind unverwandt in der Not nach
dem Mann ausschauten, schnellte der Wolf in Sprüngen
zurück und verschwand in der Dickung. Bald keuchte der
Mann heran. Zwischen den Zähnen hatte er kleine Flocken
roter Wolle. Daran erkannte die Frau, dass ihr Mann sich
in einen Werwolf verwandeln konnte.
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X Wilder Ritt, weiter Flug [5] erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper Allerlei Geschichten von Hexen wußte Bauer Hermann Kuhlmann aus Erle zu erzählen. Danach hatten die Hexen eine besondere Vorliebe für das Reiten. Sie ritten aber nicht auf Besenstielen, wie es uns aus dem Harz erzählt wird, sondern auf Pferden. Ein Bauer in Erle brachte den Sommer über die Pferde abends auf die Weide, um mit dem Heufutter zu sparen. Er sollte keine rechte Freude daran haben. Jeden Morgen waren sie wie in Schweiß gebadet. Dabei hatten sie nichts im Leibe und waren tagsüber so müde, dass sie nicht recht arbeiten konnten. Das verdross den Bauern. Er wollte wissen, woher das kam. Eines Abends versteckte er sich in der Wallhecke, um aufzupassen, wer mit den Pferden etwas anstelle. Um
ihn unterbrach kein Laut die Stille. Erst gegen
Mitternacht nahte sich ein Sausen durch die Luft. Eine
alte Frau flog im Siebrand vorbei und ließ sich am
Wiesenrand nieder. Sie warf das runde Ding in die
Wallhecke, schwang sich auf ein Pferd, ritt wie toll,
trieb es in Schweiß, sprang dann herunter, wandte sich
schnell zum anderen Pferd, stieg auf, stob davon und jagte
die Wiese auf und ab. Eine Stunde lang sah sich das der
Bauer an, bis auch das zweite Pferd in Schweiß getrieben
war, dann nahm er das Sieb an sich und wandte sich zum
Heimweg. Da kam die alte Frau ihm entgegen und rief: „O
weih, o weih, wu komm ick üöwer die
wiede Sei!" Zuerst
kümmerte der Bauer sich nicht darum. Aber er ließ sich
darauf ein, als sie versprach, es nicht wieder zu tun. Er
gab ihr den Siebrand zurück. Die Hexe schwang sich hinein
und flog davon.
Die
Butterhexe in Erle [5]
erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper
Noch
vor siebzig Jahren war die Hauptaufgabe der Bäuerin die
Butterbereitung. Verkauf oder Tausch der Butter war die
laufende Einnahmequelle. Um 1800 erzielte die Bauersfrau
für den Erlös des Pfundes Butter entweder ein Viertel
Pfund Zucker oder zwei Pfund Weizenmehl oder vier Pfund
Salz. Bis zum Beginn unseres Jahrhunderts seihte die
Bäuerin die überflüssige Milch in breite, flache irdene
Schüsseln, in denen sich der Schmand, d. h. der Rahm,
absonderte. Die Rahmmenge von drei oder vier Tagen kam in
die Stoßkirne oder das mit Eisenbändern beschlagene
Stehbutterfaß. Dann begann die harte Arbeit der Bäuerin.
Sie hatte den durch eine kleine Öffnung des
Butterfaßdeckels ragenden Stiel nach oben zu ziehen und
herunterzustoßen. Am unteren Ende des Stiels war ein
durchlöchertes kreisrundes Brett befestigt. Durch
fortgesetzten Schlag und Stoß wurde das Milchfett zu
Butterklümpchen zusammengeballt. Das unablässige Auf-
und Abstoßen war anstrengend, besonders, wenn der Rahm
steif wurde. Je nach Witterung und Beschaffenheit des
Rahmes nahm diese Arbeit bis zu einer Stunde in Anspruch,
bis sich dickere Butterklumpen bildeten. Dann erst
schöpfte die Bauersfrau die Butterteilchen heraus,
knetete mit einem Holzlöffel die letzte Buttermilch
heraus und formte die Butter zu einer länglichen, festen
Welle.
Nach dem Geschichtenerzähler Hermann Kuhlmann wollen die Alten aus Erle vernommen haben, dass dort früher eine Frau gern in anderer Leute Butterkarnen sah, um daraus Butter an sich zu bringen. Hermann Kuhlmann erzählte: Einmal gingen zwei Frauen von Erle nach Wesel zum Markt. Sie kamen an einem Bauernhaus vorbei und sahen, wie die Bäuerin kernte, d. h. Butter bereitete. Das gab der einen Frau Anlaß zu der Bemerkung: „Soll ich der Bauersfrau die Butter wegnehmen?" Da erwiderte die andere: "Wenn du das tust, kannst du mehr als ich; du kannst das nicht." Die Begleiterin war aber eine Hexe und sagte: "Ich will es dir zeigen." Sie lief zum nächsten Bach und schlug mit einer Peitsche lange in das Wasser, das auf einmal die schönste Butter ausschied. Sie nahm die Butter heraus, knetete sie mit den Händen zu einer langen Welle und verkaufte sie in Wesel auf dem Markt. Auf dem Rückweg streiften die beiden Frauen das Bauernhaus entlang, wo die Frau immer noch kernte und noch keine Butter bekommen hatte. Die Bäuerin ahnte nicht, wer das verursacht hatte. Die beiden Frauen setzten ihren Weg nach Erle fort. Unterwegs gab die eine Frau ihrer Begleiterin eine Handvoll Kirschen. Als diese später die Kirschen essen wollte und in die Tasche griff, packte sie mit den Fingern - Pädden. HEXE ALS KATZE [5] aufgeschrieben von Aloys Küper
Von
einem Bauernhof zwischen Erle und Marienthai erzählen
Leute in Erle, dass er ehedem von einer Hexe heimgesucht
wurde, die sich in eine Katze verwandelt hatte. Früher
stand in der Küche des Bauernhauses das Wasböken, ein
grosser Bottich, der seinen Namen von der Buchenasche
hatte, mit der die Lauge gebildet wurde. Vom
Zapfloch des Riesenbottichs floss die Lauge durch ein Loch
in der Außenwand der Küche nach draussen. Jeden
Tag schlich eine Katze durch dieses Loch, wenn die
Bauernfamilie an der massiven Tischplatte saß, in der
Vertiefungen ausgehöhlt waren, die als Teller dienten.
Die Katze strich herum und spähte jeden Tag aus, was die
Hausbewohner auf dem Tisch hatten, wenn sie ihr Essen
einnahmen. Das machte den Bauern verdrießlich.
Schließlich warf er mit dem Brotmesser nach der Katze. Da
auf einmal begann das Tier zu sprechen und sagte, er solle
nur kommen, wenn er was wolle – und dabei hat es das
Brotmesser quer ins Maul genommen.
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X Der schwarze Hund in Erle [5] erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper Auch der Drak soll nach einigen Sagen wie die Hexen im Bunde mit dem Teufel wirken. So kam der Teufel zu den Leuten, die sich mit ihm eingelassen hatten, in Gestalt eines Hundes, der nach einer längeren Rast im Hause als glühender Wiesbaum auf dem Hahnenbalken sich durch das Eulenloch hervorschob und ins Land hinausfuhr.
In
der Erler Gegend hat sich, wie Bauer Hermann Kuhlmann
erzählte, vor vielen Jahren ein schwarzer Hund breitgemacht,
von dem man heute noch nicht recht weiß, was er gewesen
ist und zu bedeuten hatte. Eines
Abends sahen Jungen und Mädchen, die an einer
Hochzeitsfeier teilgenommen hatten, auf ihrem Heimweg eine
brennende Lampe auf dem Pfosten eines Schlagbaumes stehen.
Sie nahmen die Lampe mit nach Haus und stellten sie auf
den Tisch der besten Stube. Sie sagten das ihrer Mutter.
Die zweifelte daran, dass es eine richtige Lampe sei. Nun
wollten sie genau nachsehen. Sie gingen in die Stube - und
das Licht war aus. Sie sahen aber etwas unter dem Tisch
liegen, gross und schwarz, es war ein Hund. Das Tier fiel
ihnen lästig und bereitete Ärger. Sie riefen den Hund.
Er wollte nicht weichen, was sie auch mit ihm anstellten.
Sie erschraken, als er zu sprechen begann. Sie mussten
sich von ihm tadeln lassen. Er sagte, sie hätten ihn dort
lassen sollen, wo er war. Unbewegt behauptete er seinen
Platz. Sie machten sich darüber Sorgen, was für Schaden
er ihnen antun könnte. Schließlich brachen sie das Haus
ab. Wie gross war ihr Entsetzen, als der Hund liegen
blieb. Erst als sie ihm einen neuen Stall gebaut hatten,
tat das Tier ein paar Schritte, um dort ein neues Lager zu
beziehen. Sie konnten ihn nicht mehr los werden.
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X Der Bodenschelm in Erle [5] erzählt von Hermann Kuhlmann, aufgeschrieben von Aloys Küper Die
Ansicht, dass Bodenschelme, die Grenzsteine versetzt
haben, nach ihrem Sterben das Unrecht sühnen und
wiedergeben müssen, war bei uns allerorten verbreitet. In
Erle bei Dorsten, erzählte der alte Bauer Hermann Kuhlmann
aus der Westrick, stand einmal ein Soldat in stiller Nacht
auf seinem Posten. Plötzlich hörte er flehentliches,
aber nicht lautes Rufen: „Wo soll ich ihn lassen, wo
soll ich ihn lassen?" Laut rief der Soldat: „Du
dummer Teufel, wo du ihn bekommen hast." Da
sauste der Grenzstein seinen Kopf entlang und hätte ihn
nahezu getroffen. Er hörte, wie das Gespenst erleichtert
seufzte: „Darauf habe ich schon hundert Jahre
gewartet. Jetzt bin ich endlich erlöst." |
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Quellen: | ||
[1] | Joseph Kellner: Die Sage von der weißen Frau in der Westrich, Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck, 1933, S. 56ff | |
[2] | Joseph Kellner: Der Teufelshase in der Oestrich, Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck, 1931, S. 73 | |
[3] | Joesph Kellner: Der Teufelstein bei Erle, Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck, 1930, S. 92 | |
[4] | Joesph Kellner: Die Sage vom goldenen Kalb im Honnemannsberg, Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck, 1933, S. 52ff | |
[5] | Aloys Küper: Sagen, Märchen, Schwänke auf dem Bram, Selbstverlag, Essen, 1962 |